"Mamas rosa Schlüpfer" wurde inzwischen aufgenommen in das zeitgeschichtliche Kempowski-Archiv und wird in der Liste der Friedrich-Bödeker-Stiftung Landesverband Bayern (Förderung der Lesekultur) unter der Rubrik Nationalsozialismus - 2. Weltkrieg geführt.
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© NORDBAYERISCHE NACHRICHTEN, FORCHHEIM, EBERMANNSTADT
Vergangenheit aufgearbeitet
Joachim Kortner las aus Roman: «Mamas rosa Schlüpfer»
EBERMANNSTADT (hv) - Fast 60 Zuhörer kamen in die Stadtbücherei St. Nikolaus, um Joachim Kortner, langjähriger Lehrer an der Volksschule, aus seinem Erstlingswerk, dem autobiografischen Roman «Mamas rosa Schlüpfer» lesen zu hören.
Bürgermeister Franz Josef Kraus zeigte sich erfreut über den guten Besuch, aber auch über die Tatsache, in Ebermannstadt einen weiteren Schriftsteller zu haben. Der 1939 in Oppeln geborene Autor beginnt seine Erzählung mit dem allmählichen Zusammenbruch der Ostfront, der Flucht gen Westen vor den herannahenden Russen über viele Stationen bis 1948 letztendlich in Coburg eine neue Heimat gefunden war.
Eine Stecknadel hätte man fallen hören, so still war es im Raum während der Autorenlesung. Dies lag zu einem an der Tatsache, dass Joachim Kortner samt seiner Familie, Nachbarn und weiteren Bekannten mit ihren richtigen Namen die Romanfiguren darstellten, aber auch an der spürbaren inneren Aufgewühltheit des Autoren. Seine Mutter heißt im Buch wie im richtigen Leben Hedwig und auch der Autor selbst taucht mit seinem damaligen Spitznamen Mill auf, ebenso seine Brüder, Spielkameraden und Freunde.
So war jedem im Raum deutlich bewusst, dass bei den vielen Abenteuern - ob kindlicher, lebensgefährlicher, abenteuerlicher oder kriegs- und fluchtbedingter Natur - immer historische Ereignisse und realistische Frauen und Männer beschrieben werden. Und genau dies war es, was Autor und Publikum stark bewegte und letzteres auch fesselte.
Aus der Sicht des Kindes
Über den Inhalt sei nur so viel verraten, dass Kortner aus der Sicht seines damaligen Alters schreibt. Manch Ungeheuerliches wird ohne sprachliche Aufgeregtheit erzählt, normal kindlich mit den emotionalen Empfindungen eines fünf- bis neunjährigen Buben. So ist auch der Titel «Mamas rosa Schlüpfer» entstanden: Als ebenfalls flüchtende Männer und Soldaten seine Mutter durchs Fenster ins Innere eines Eisenbahnwaggons hineinheben, ist kurz ihr knielanger rosa Schlüpfer zu sehen, das empfand der Junge damals als große Schande.
Für alle, die diese Zeit erlebt haben, aber auch für nachfolgende Generationen, ist dieses Buch sicherlich hochinteressant und ein spannender (und auch aufklärender) Lesestoff.
Erschienen ist der Roman «Mamas rosa Schlüpfer» bei «Books on Demand Norderstedt», 276 Seiten und kostet 17,80 Euro.
Artikel in Nordbayrische Nachrichten********************
© Fränkischer Tag 2007
Die Toten zu sehen, war nicht nur eine Sache der Erwachsenen
ROMAN In lockeren Episoden erzählt der in Ebermannstadt lebende Autor Joachim Kortner vom Krieg und von der Flucht.
VON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED EKKEHARD ROEPERT
Ebermannstadt - Joachim Kortner wird in Oppeln geboren; im selben Jahr, als die Deutschen den Zweiten Weltkrieg beginnen. Seinen Vater erlebt er hauptsächlich während des Fronturlaubs. Mit seiner Mutter und den drei Brüdern flieht der Junge vor der nahenden Roten Armee. In einem idyllischen Ort in Brandenburg scheint die Familie ein sicheres Fluchtziel erreicht zu haben, doch auch die Idylle wird zur Kampfzone. 1948 gelingt es der Familie dank eines Fluchthelfers, aus der russisch besetzen Zone zu entkommen.
60 Jahre später blickt der seit 1969 in Ebermannstadt lebende Joachim Kortner auf jene Zeit zurück. Er erzählt keine zusammenhängende Geschichte, sondern versucht ein persönliches Stück deutsche Geschichte in Episoden zu verdichten. „Mamas rosa Schlüpfer“ heißt sein Roman der Kriegs- und Nachkriegszeit.
Geprägt sind die Erlebnisse von der Sichtweise des kleinen Joachim. Diese Erzählperspektive hält der Autor nicht durchgängig aufrecht. Doch wo sie gelingt, verzichtet er weitgehend auf das Analysieren und Verstehen wollen. Hält fest ohne zu bewerten. Da bekommt das Unheimliche etwas Selbstverständliches, etwa das Sammeln von Bomben-Splittern; in jener Zeit ein ganz gewöhnliches Hobby.
Unheil verkündendes Leuchten
Und wenn die Mutter in der Küche mal nichts zu tun hat, kommt eine beinahe schon behagliche Stimmung auf, wenn die Brüder, auf Sofakissen gestützt, auf das Fensterbrett gelehnt, die schweren Artillerieeinschläge am östlichen Abendhorizont wie ein spannendes Naturereignis beobachten. Freilich wissen sie, dass „das Unheil verkündende Wetterleuchten“ kein Gewitter ist.
„Darüber sprachen sie aber nie“, heißt es. Hinter dem lakonischen Ton lässt der Autor erahnen, was der Krieg für die Kinder bedeutet haben muss. Und gelegentlich mischt sich eine erwachsene Erzählstimme in die Episoden Kortners und bestätigt diese Ahnung: „Die Kinder merkten wohl, dass die Zeit einen Knacks gekriegt hatte.“
Als die Brüder nach einem russischen Bombenangriff durchs Dorf streifen und einen Toten entdecken, einigen sie sich darauf: „Der Mama sagn wir aber nich, dass wir ein Totn gesehn ham.“
Joachim Kortner erzählt so, „als ob eigentlich nur Erwachsene die Toten sehen durften.“ Aus dieser Spannung zwischen dem Wunsch, den Schrecken von den Kindern fern zu halten, und der Unmöglichkeit dieses Wunsches, entsteht dieses Erinnerungsbuch. Während sich für die meisten Menschen „das Gehörte und Befürchtete zu einem grauenhaften Schreckbild“ verklebte, macht der kindliche Beobachter grausame Entdeckungen. Wenn er etwa mit ansieht, wie ein Zehnjähriger Freund mit Leuchtspurgeschossen herumspielt und Opfer einer Explosion wird, und wie ihm zwischen den Resten der zerfetzten Hände „blutige Därme hervor quellen“.
Mit seinem unbekümmerten Erzählton gewinnt Kortner Abstand von solchen Eindrücken, um sie überhaupt erst schildern zu können. Zugleich macht er glaubhaft, dass sich in den düsteren und spannungsreichen Kriegsjahren immer auch das Gefühl der Normalität breit machen konnte, manchmal auch Lebensfreude.
„Verschweigezwang“
Doch gerade in der Nachkriegszeit will sich das Gefühl für Normalität nicht einstellen. „Verschweigezwang und Versteckensangst“ lassen sich nicht abschütteln in einer Familie, die ihre Flucht aus der Ostzone plant. Und so bleibt Kortners Episoden-Roman spannend bis zur letzten Seite; bis zum erlösenden Ausruf der Mutter: „Wir sind im Westen!“
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Artikel in "Die Rundschau".
Unabhängige Wochenzeitung der Rußlanddeutschen
Artikel Die Rundschau********************
© COCOA
www.cocoa.deCOBURG (re) Joachim Kortner - in Coburg aufgewachsen (Raststraße 11 / Pilgramsroth 86) - in Coburg Abitur (Albertinum) -
macht mit diesem Aufsehen erregenden Roman von sich reden. Aber Vorsicht! Das Buch, er nennt es Roman in Episoden, legt man so schnell nicht wieder aus der Hand. Es soll nicht nur hier in Coburg Leute geben, die es in kürzester Zeit zweimal hintereinander gelesen haben.
„Mamas rosa Schlüpfer“ fesselt durch seine kraftvolle Sprache und ist irgendwie erfrischend anders. Den zugegebenermaßen absonderlichen Romantitel wollte J. Kortner sich weder von seinem Lektorat, noch vom Marketingexperten seines Buchverlags ausreden lassen. Es handelt sich dabei um die knielange, heutzutage als „Liebestöter“ belächelte Damenunterwäsche seiner Mutter. Für ihn als damaliges Kind das Symbol von Mama und Weiblichkeit schlechthin.
Zum Inhalt:Dem fünfjährigen Muttersöhnchen erzählt der Vater auf Fronturlaub von aufgehängten Partisanen. Sein ältester Bruder sammelt Bombensplitter und Unterschriften von Ritterkreuzträgern. Doch dann sind sie plötzlich da – die Russen. Sie singen wunderschöne Lieder, beschenken ihn, rauben, vergewaltigen. Der Knirps sieht alles und versteht nichts.
Coburg ist das Traumziel, um der Umklammerung der Berlinblockade zu entkommen und die zerrissene Familie zusammenzuführen. Aber dafür braucht man einen Fluchthelfer...
P.S. Der Autor lebt im kleinen Ebermannstadt in der Fränkischen Schweiz.
COCOA vertraute er vier „Geheimnisse“ an, die COCOA natürlich brühwarm ausplaudert:
Dass er der Coburger Bratwurst regelrecht verfallen ist.
Dass einem die Coburger Staatsbürgerschaft nie aberkannt werden kann.
Dass die Stadt Coburg eine Magie hat.
Dass er zur Zeit an einem Roman arbeitet, in dem Coburg die Hauptrolle spielt.
Der Romantitel soll der Name einer Coburger Straße sein.
Artikel bei COCOA********************
Autorenlesung - 12. Jahrgangsstufe
„Mamas rosa Schlüpfer“ von Joachim Kortner - eine Lesung im Rahmen des Geschichtsunterrichts der 12. Jahrgangsstufe
Wenn der griechische Geschichtsschreiber Thukydides die Ansicht vertritt, der Mensch bleibe in seinem Wesen stets gleich und könne daher aus der Geschichte lernen, so stellt er hiermit eine These auf, die auch heute noch eine wesentliche Zielsetzung des modernen Geschichtsunterrichts ist. Es stellt sich nur die Frage, wie dieser Lernprozess am besten in Gang zu setzen sei.
Allein die Vermittlung von Fakten ist mit Bestimmtheit der falsche Weg. Besser geeignet ist dagegen das Studium der Quellen, die einen direkten Zugang zu authentischen Erfahrungen der Zeitzeugen ermöglichen.
Eine besonders lohnende Begegnung mit Geschichte im Gewand der Kunst ermöglichte der in Ebermannstadt lebende Autor Joachim Kortner der 12. Jahrgangsstufe des Gymnasiums Fränkische Schweiz, als er aus seinem autobiographischen Roman „Mamas rosa Schlüpfer“ vorlas.
Detaillierten Recherchen folgend, erzählt der Autor wahre Begebenheiten packend und anschaulich, so dass der Zuhörer sich des Gefühls der unmittelbaren Betroffenheit nicht erwehren kann und die Zeit des Zweiten Weltkriegs bis zu Flucht und Vertreibung aus der Perspektive eines damals fünfjährigen Jungen hautnah miterlebt.
Über eine Stunde lauschte die Zuhörerschaft in absoluter Stille konzentriert den differenziert vorgelesenen Passagen aus dem Roman, um im Anschluss Fragen an den Autor - sowohl zu seinen eigenen Erlebnissen als auch zu seiner schriftstellerischen Arbeit - zu richten, die dieser bereitwillig beantwortete.
Zweifelsohne ist es ein Glücksfall für den Geschichtsunterricht, die Begegnung mit einem Zeitzeugen zu erleben, der zugleich als Schriftsteller eine anspruchsvolle künstlerische Gestaltung dieses historischen Stoffes zu leisten vermag. Betroffenheit zu erzeugen, ist Joachim Kortner bei seiner Lesung durchaus gelungen, womit er einen wichtigen Beitrag zu dem Ziel, aus Geschichte zu lernen, geleistet hat.
Steffi Nickolai
Artikel bei gfs-ebs********************